Ciao Chianti Classico
Heute kommt der Tag des Abschieds vom Chianti Classico Gebiet. Leider viel zu schnell. Abschied von Gabriele und dem Weingut Buondonno in Castellina in Chianti.
Es geht nach dem Beladen des indischen Mahindra, dem Mietauto ;-), erst einmal ins benachbarte Dorf Panzano, dem ebenfalls international renommierten Chianti Classico Ort, gegenüber auf dem Hügel von Buondonno.
Man kann gut den Ortskern und die Kirche sehen. Das Wetter ist gut, sonnig, aber frühmorgens noch recht frisch.
Es sind nur 8 Kilometer nach Panzano, weniger als zum Ortskern von Castellina in Chianti. Dort wird nicht nur von renommierten Weingütern ein absoluter Top-Wein angebaut, sondern Panzano ist auch für einen ganz besonderen, verrückten Typen sehr bekannt.
Dario Cecchini Metzger Legende von Panzano
Es handelt sich um ein Personaggio, vielleicht den berühmtesten Metzger Italiens. Dario Cecchini und sein Bistecca Fiorentina. In den letzten 20 Jahren ist er in dem Ort unheimlich, gastronomisch gewachsen.
Zur alten Metzgerei kommt nur noch ein edles Restaurant hinzu und auf der Zufahrtsstraße an einem sehr strategischen Punkt ein Foodtruck. Dort kann man für kleines Geld den Chianina Chianti Burger mit einem leckeren Hauswein genießen.
Chianina Rinderrasse
Ein Bekannter aus Salzburg, ehemaliger Wein- und Feinkosthändler, ist regelmäßig „persönlich“ mit dem Auto nach Panzano, mit Kühltruhen das fleischige Gold des Chianina Rindes für die Top-Restaurants in Salzburg abholen und ausliefern.
Aber nun ist erstmal in Panzano an der Piazza und Einfahrt zum alten Ortskern leckeres Frühstück angesagt, mit, wie sollte es anders sein, wenn man mit Günter on Tour ist. Cornetti, Biscotti und Panino, deftig belegt, begleitet von feinstem Espresso und Cappuccino.
Die italienische Musik kommt aus dem Hintergrund der dortigen, überdimensionalen WLAN-Box. Das Caffe war gut mit deutschen Gästen gefüllt, wie man hören konnte.
Toskana dolce vita
Tja, die Toskana scheint noch immer der deutsche Liebling zu sein. Übrigens sehen wir jeden Tag hier Unmengen von Fahrzeugen mit deutschen Kennzeichen. Wahnsinn, und wir haben gar keine Ferien. Nicht schlecht, die Toskana.
Nach der Colazione begeben wir uns quer durch den Ort und fahren auf der anderen Seite wieder raus. Von der Rückseite konnte ich noch einige sehr schöne Fotos machen, ins grüne Tal bei Panzano.
Der Blick wird verwöhnt, abwechselnd von gelben Ginstersträuchern, Olivenhaine und Rebgärten, die praktisch wie bei einem Ölgemälde ineinander verlaufen.
Montepulciano ruft
Wir verabschieden uns aus dieser Gegend, und ab geht es auf die Piste zu meinem Freund und Winzer Andrea Contucci in Montepulciano und dessen erstklassigen Vino Nobile di Montepulciano.
Aber einen Besuch muss ich noch machen, ohne dort vorbeizuschauen, darf ich aus dem Chianti-Gebiet nicht wegfahren. Kurz, vor Siena, zu einer alten Bekannten, Monica Raspi und dem Weingut Villa Pomona.
Es ist noch Castellina in Chianti zugehörig und von dort hat man einen sensationellen Blick auf Siena und den hohen Turm an der Piazza. Dort, wo übrigens das alljährliche Palio stattfindet. (Palio ist das traditionelle Pferderennen auf der großen Piazza, wo gefühlt die halbe Welt anreist)
Blick auf Siena
Die Lage ist einfach traumhaft, und endlich dort angekommen werden wir sofort liebevoll vom Dackel und einigen frei laufenden Hühnern begrüßt. Übrigens wurde der treue Dackel bei der letzten Änderung der Etiketten dort verewigt.
Sangiovese, das Blut der Toskana
Monica kommt aus dem Fasskeller und da wir uns schon einige Jahre nicht gesehen hatten, gab es ein herzliches Begrüßen.
Bevor wir in den Fasskeller gehen, um den ein oder andere Tropfen zu verkosten, laufen wir kurz über die Straße, direkt vor dem Weingut, und schauen uns den Weinberg mit Sangiovese an.
Microweingut Villa Pomona
(Sangiovese ist die typische, traditionelle Rebsorte der Toskana, diverse Klone kommen im Brunello (Sangiovese Grosso ) oder im Vino Nobile di Montepulciano ( Prugnolo Gentile ) vor.
Sangiovese in vielen Facetten
Dort werden soeben von einigen Helfern tatkräftige Arbeiten ausgeführt. Mit Günter, der sehr tief im Thema PIWI Weine ist, konnte Monica das Argument vertiefen. (PIWI Reben sind neue resistente Reben gegen Krankheiten und Trockenheit)
Die Zukunft wird sicher einiges an Veränderungen bringen, jedoch sind bei vielen Appellationen PIWI Rebstöcke nicht zugelassen.
Wir machen eine kurze Kellerführung. Dieser ist mit sehr viel alten toskanischen Gegenständen und Arbeitsgerät verziert ist.
Danach kommen die edlen Chianti im Innenhof auf den Tisch, dazu ein paar Taralli.
Zuerst gibt es jedoch den Bianco „Trebbiano“ und den ganz neuen Rosé, danach kommen wir zu den voluminösen Chianti Classico und Riserva Gran Selezione.
Gran Selezione
Rosé, unheimlich fruchtig und floreal, sicher der perfekte Wein für den Sommer und Garten. Aber die gesamten Weine sind ein flüssiger Traum. Vor allem die Chianti’s, Stoff, aus dem die Träume sind und superlang am Gaumen. Hier kann man auf einmal seine innere Stimme hören, wann kommt der Teller Pasta.
Nach einem angenehmen Plausch mit Monicas Mutter, die seit 1959 in Italien lebt, gebürtig aus dem Schwabenland, machen wir uns auf den Weg, Richtung Montepulciano.
Pienza mit päpstlichen Wurzeln
Hier machen wir aber noch einen Stopp in Pienza, einem mittelalterlichen Dorf mit päpstlicher Geschichte. Pius II kam aus diesem wunderschönen Ort der Toskana.
Die alten, kleinen Gassen laden zum Bummeln ein, toskanische Leckereien, wohin man auch schaut. Viel Gastronomie, aber vor allem der geniale Pecorino di Pienza ist weit über seine Grenzen bekannt und wird geliebt.
Bummeln ohne Grenzen
Hier lassen wir es sehr ruhig, schlendernd angehen und finden auf der rückwärtigen Stadtmauer mit Blick ins Val d‘Orcia eine kleine Bar mit Tischen und Stühlen in der Sonne.
Wie man sieht, sehr gut besucht und wir genießen den Blick ins unendlich scheinende Grün mit einem Salat und gekühlten Getränken.
Es herrscht wirklich reges Treiben in Pienza und auch wir laufen nach dem Pranzo noch lange durch diesen Ort. Viele Eindrücke kann man von dort mitnehmen, es will gar nicht enden.
Feinkost wohin man blickt
Dringende Empfehlung von mir ist auf jeden Fall, Käse / Salami aus Cinta Senese
(Cinta Senese ist ein DOP Schwein, welches bereits bei der Geburt erfasst wird, sodass immer nachzuvollziehen ist, wo es aufwuchs und wo es geschlachtet wurde)
probieren und kaufen. Es gibt genügend hervorragende Feinkostläden, die keinen Wunsch offen lassen.
Mittelalterliches Montepulciano
So, jetzt geht es rüber nach Montepulciano, einer meiner Herzensangelegenheiten. Nach ein paar Kilometern sieht man es schon hoch auf dem Hügel thronen, mit dem Turm vom alten Rathaus und dem Dom an der Piazza Grande.
Angekommen fahren wir bis zur Piazza Grande und direkt vor die Tür von Contucci. Dort lade ich meine Sachen aus und melde mich bei Andrea.
Piazza Grande
Die Begrüßung ist, wie immer, die von Freunden, die sich endlich wieder sehen. Obwohl unser letztes Treffen aber gar nicht so lange her ist, denn Andrea war im März auf Sizilien für eine Verkostung in der Nähe von Cefalù. Dieses Dinner konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen.
Wir beschließen, nach dem Ausladen vom Gepäck fahren wir direkt, da das Wetter noch recht gut war, zu den Rebflächen vom Vino Nobile di Montepulciano und der Crulage Mulinvecchio. Contucci verfügt über Pietra Rossa und Mulinvecchio, zwei Cru Lagen.
Vino Nobile di Montepulciano
Grobe Richtung Cortona geht es und dann ab in endlos scheinende Weinberge, mal abwechselnd mit Getreide und Hügeln, die von Ziegen und Schafen für die tägliche Milch zur Produktion des Pecorino di Pienza, nach den leckeren Gräsern und Sträuchern durchstöbert werden.
Mulinvecchio ist schon immer mein persönlicher Favorit und nach einer rigorosen, selektiven Traubenauslese direkt in den Rebgärten, wird dieser dann für 30 Monate in großen Holzfässern im alten Keller an der Piazza Grande bei Contucci verfeinert und veredelt.
Cru Lage Mulinvecchio
Er muss sich entwickeln, reifen und diesen wirklich feinen, noblen Geschmack entwickeln. Es sind Nuancen und Düfte wie von wenigen Weinen, etwas sehr Besonderes, das auf eine Familiengeschichte von über 1000 Jahren zurückblicken kann.
Contucci hat in den 90er Jahren auch mal Proben mit kleinen Barriques gemacht, jedoch Kellermeister und Contucci Familie haben sich sofort dagegen ausgesprochen und sich der Tradition der großen Holzfässer von 20-30 hl verschrieben, zum Glück. Nicht noch ein holz überladener Mainstream wein.
Contucci ist das einzige Weingut, welches noch im alten Ortskern hinter der Fortezza wirklich Wein produziert. Viele Weingüter haben zwar Geschäfte und alte Kellerräume im Ortskern, aber keiner keltert oder produziert direkt in Montepulciano.
23 Hektar werden bewirtschaftet, die für Rosso di Montepulciano und Vino Nobile di Montepulciano stehen.
Vom Consorzio wurde eine neue Lagenbezeichnung für den allerersten, ältesten italienischen DOCG-Wein herausgegeben, Pieve.
Le Grazie, und die neuen, insgesamt 12 Pieve, werden die Etiketten vom Mulinvecchio ab dem Jahrgang 2025 schmücken. Jede Pieve ist mit einem Namen versehen, wie hier le Grazie, was auch an der alten Mühle und Gebäude zu erkennen ist.
Jede „Pieve“ Lagenbezeichnung ist mit einer Kirche, unmittelbar dem Ortsteil zugehörig, verbunden, wie hier die Kirche „le Grazie“ praktisch kurz vor der Abbiegung zu den Weinbergen.
Für den Vino Nobile müssen die Reben mehr als 5 Jahre angebaut werden, bevor die Ernte für diesen verwendet werden darf.
Contucci musste, das ist ganz normal bei allen Winzern, inzwischen auch einige Weinberge mit jungen, neuen Reben erneuern, verfügt aber insgesamt auch überdurchschnittlich ältere Rebflächen, in denen Reben von teilweise mehr als 60-70 Jahren stehen.
Nach einem leichten Spaziergang quer durch Mulinvecchio, der Name kommt übrigens von einer alten Mühle, die dort betrieben wurde, geht es zurück zum Palazzo Contucci, um den Abend bei einem gemeinsamen Abendessen ausklingen zu lassen.
Der neue Spumante Metodo Classico aus Sangiovese als Blanc de Noir mit 36 Monaten Hefeausbau auf der Flasche, also das „Champagnerverfahren“ gab es zu den Antipasti.
Blanc de Noir Spumante Champagnerverfahren
Hier kann ich sofort sagen, nein ich muss sagen, da brauche ich keinen Champagner mehr zu kaufen, das ist eine Qualität, ein Genuss am Gaumen, da muss man lange suchen und probieren, um in anderen Anbaugebieten Gleichwertiges zu finden.
Danach kam Mulinvecchio 2020, Vino Nobile di Montepulciano und der Palazzo Contucci 2019 ins Glas. Beides Weine, die maximalen Spaß machen, für mich immer wieder ein Hochgenuss, einen Contucci Wein zu trinken.
Contucci über 1000 Jahre Familientradition
Wenn es dann noch im engen Kreis mit der Familie Contucci vor Ort in Montepulciano passiert, kann man es nicht mehr toppen.
Der lange Tag geht zu Ende und jetzt sind wir für den morgigen Tag quer durch das Val d‘Orcia gestärkt und bester Dinge. Es wird uns einiges an tollen Orten und Eindrücken erwarten, davon sind wir überzeugt.
Text und alle Fotos von Peter Junker – Copyright 2025